Luisa (Name geändert) hat seit rund einem Jahr eine Affäre in Berlin. Aus einem anfänglichen Spaß und einer prickelnden Zeit, wurde mit der Zeit mehr. Nein, keine Beziehung. Aber ein innerer Konflikt. Denn der Mann, mit dem Luisa eine Affäre hat, ist verheiratet. Was das mit ihr macht und ob sie sich die Schuld am Fremdgehen gibt, erfährst du in ihrem Erfahrungsbericht.
Ich bin seine Geliebte – und habe keine Schuldgefühle
Zu einer Affäre gehören immer zwei. Keine Frage. Als ich mich damals auf Tim (Name geändert) einließ, machte ich mir überhaupt keine Gedanken darüber, was sein könnte.
Von Anfang an stand für uns fest, dass wir etwas Lockeres suchen und auf keinen Fall eine Bindung eingehen wollen. Wir fanden uns auf einer Single Community für Berlin und stellten alles sofort klar. Auch, dass es nur eine dauerhafte Romanze werden würde, wenn es im Bett wirklich harmoniert. Ansonsten sollte es nur etwas Einmaliges sein. Aber: Der Sex war so gut, dass sich eine ausgewachsene Affäre daraus entwickelte.
Wenn wir uns trafen, dann in einem Hotel. Neutraler Boden, auf dem man sich einfach fallen lassen konnte. Wir sprachen viel miteinander, aber meist auf Small Talk-Ebene. In die Tiefe ging es bei unseren Gesprächen nie. Dafür war das Körperliche umso intensiver.
Irgendwann verriet er mir dann, dass er verheiratet ist. Ich wusste bereits, dass er vergeben war. Schließlich war das einer der Gründe, warum wir uns ausschließlich in Hotels trafen. Aber das da eine ganze Ehe dran hing, das wusste ich nicht.
Wie gehe ich mit dem Wissen um seine Ehefrau um?
Als ich von seiner Frau erfuhr, machte mir das zunächst gar nichts aus. Vielleicht liegt es daran, dass ich als Single in Berlin schon so einiges erlebt, gesehen und gehört habe. Und weil ich davon ausging, dass es seine Entscheidung ist und er damit leben muss. Doch irgendwann fingen Zweifel an, in mir zu nagen: Bin ich nicht auch irgendwie seine Komplizin, wenn ich um seine Ehefrau weiß?
Als wir mal wieder nach dem Liebesspiel erschöpft und glücklich nebeneinander in die Kissen eines Hotelbetts fielen, fragte ich Tim schließlich: “Willst du deine Frau nicht verlassen?”. Er sagte zunächst nichts. Die Worte hingen schwer im Raum. Dann kam nur: “Das kann ich nicht.”
Ich beließ es dabei. Zu sehr genoss ich unser unkompliziertes Arrangement, als dass ich es mit meiner Fragerei kaputt machen wollte. Aber eine Erkenntnis kam mir: Wer sich entscheidet, fremd zu gehen, der tut das aus voller Absicht heraus und trägt auch die Verantwortung – und damit die Schuld – dafür. Wer sich wiederum als zweite Person darauf einlässt und um den Fakt weiß, dass der oder die andere vergeben ist, macht sich ebenso schuldig.
Und dennoch: Wenn man den Partner oder die Partnerin seiner Affäre nicht kennt, trägt man zwar eine Mitschuld am Fremdgehen – man hat aber nicht die moralische Verantwortung, sich der oder dem Betrogenen gegenüber rechtfertigen zu müssen. Das ist alleine Aufgabe der Person, die in einer Beziehung oder Ehe steckt. Da ist man Ehrlichkeit schuldig.